Dilemmata in moralpsychologischer Forschung

Ein wichtiger Schritt, um bioethische Urteile zu verstehen, ist es, die zugrundeliegenden Mechanismen zu untersuchen. Viele bioethischen Probleme können als ein besonderer Fall moralischer Dilemma-Situationen verstanden werden. Ein Dilemma beschreibt dabei eine Entscheidungssituation, bei der zwei moralische Güter im Konflikt miteinander stehen.

Zum Beispiel kann das Recht eines Familienmitglieds auf Unwissenheit über genetische Informationen im Konflikt mit den gesundheitlichen Interessen einer anderen Person stehen. Für einige solcher Situationen gibt es festgeschriebene Regeln – zum Beispiel, dass ein Arzt sich an das Nichtschadensprinzip halten muss. Unabhängig davon, welche Regeln, Gesetze und Vorschriften gelten, treffen Menschen Urteile darüber, was in der gegebenen Situation richtig wäre.

Um hinter die zugrundeliegenden Mechanismen solcher moralischen Urteile zu kommen, ist es notwendig, sich modellhaft moralische Dilemmata anzuschauen, die das Problem von Interesse auf die wesentlichen Aspekte reduzieren.

Eine Unterscheidung moralischer Urteilstendenzen, die häufig gemacht wird, ist zwischen Deontologie (einer Prinzipienethik) und Utilitarismus (einer Konsequenzenethik). Nach deontologischer Ethik sind Handlungen für sich genommen richtig oder falsch. So wäre ein deontologischer Grundsatz, dass Menschen zu schaden immer falsch ist. Nach utilitaristischer Ethik geht es nicht um die Handlungen selbst, sondern ihre Konsequenzen. Hier ist die Frage: welche Option sorgt für das beste Ergebnis (bewertet aus einer unabhängigen Perspektive)? Auf medizinische Entscheidungen bezogen kann man festhalten, dass Deontologie den Blick auf den einzelnen Patienten wirft, während Utilitarismus auf die Gesamtgesellschaft ausgerichtet ist.

 

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Doerflinger, J. T., & Gollwitzer, P. M. (2020). Emotion emphasis effects in moral judgment are moderated by mindsets. Motivation and Emotion, 1-17.

Die Publikation ist im Rahmen des BMBF-geförderten Projektes "Modellprojekt eines bioethischen Diskurses zur Personalisierten Onkologie" (DisPersOnk, Fzk //01GP1775//) entstanden und stellt wesentliche Ergebnisse dieses interdisziplinären Modellprojektes vor. Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die gewährte Unterstützung, die die Durchführung dieses Projektes ermöglicht hat.