Personenverzeichnis

Adorno, Theodor W., 1903 - 1969, deutscher Soziologe und Philosoph, gründete mit Max Horkheimer das Frankfurter Institut für Sozialwissenschaften, nach Emigration 1933 (New York) 1949-1969 Professor in Frankfurt; ein Hauptvertreter der sog. Frankfurter Schule; seine gesellschaftskritische Philosophie beschreibt auf der Basis einer pessimistischen Geschichtsbetrachtung das unvermeidbare Ende des abendländischen Denkens und des bürgerlichen Subjekts in einer völlig technisierten und bürokratisierten Welt, Hauptwerk: "Dialektik der Aufklärung".
 
Apel, Karl-Otto, geb. 1922, em. Professor für Philosophie in Frankfurt (Main), neben Jürgen Habermas ein prominenter Vertreter der an die
kantische Philosophie anknüpfenden, aber diese weiterentwickelnden Diskurs- und Kommunikationsethik, die das Verhältnis von Denken und Sprache in den Blick nimmt und nach der Bedingung der Möglichkeit von (gelingender) Kommunikation fragt.
 
Aristoteles, 384 - 322, der Stagirite, war 20 Jahre Schüler bei Platon, Lehrer von Alexander dem Großen, neben Sokrates und Platon der bedeutendste griechische Philosoph des Altertums, gründete 355 in Athen eine eigene Schule, das Lykeion (Lyzeum), seine Schüler nannten sich Aristoteliker oder Peripatetiker (= die Umherwandelnden, nach dem Versammlungsort griech.: peripatos: Säulenhalle, benannt), starb im Exil auf Euböa, die exoterischen Schriften sind verloren, die esoterischen (Vorlesungsmanuskripte, persönliche Aufzeichnungen) sind erhalten, sie wurden von dem Andronikos, dem 10. Nachfolger in der Leitung des Lykeon, geordnet und herausgegebe. Er zeigt auf Raffaels vatikanischem Fresko "Die Schule von Athen" auf die vor uns liegende Welt, während der neben ihm stehende Platon himmelwärts auf die Ideen weist. Aristoteles wandte sich im Gegensatz zu Platon der Erforschung und Betrachtung der empirischen Welt zu, Ideen existierten für ihn nicht von den Dingen getrennt in einem für sich seienden Reich der Ideen, sondern in den Dingen selbst. Fragen nach dem Sein als solchem, seinen Eigenschaften und seinem Ursprung behandelte er in der sog. "Ersten Philosophie", der später so genannten "Metaphysik" (ein antiker Herausgeber ordnete sich im 6. Jh. n. Chr. hinter die Schriften zur Physik).
 
Augustinus, Aurelius, 354 - 430, bekehrter Heide und Bischof von Hippo Regius, Kirchenvater und bedeutender Philosoph des frühen Mittelalters, versuchte in seiner Philosophie christliches mit antikem, v.a. platonischen Denken, dem er - nach gnostischen und skeptizistischen Perioden - in Form des Neuplatonismus anhängt, zu verbinden, Hauptwerke: "Confessiones" (Bekenntnisse, eine Art Autobiographie), "De civitate Dei" (Gottesstaat"), umfangreiche Darstellungen zur Prädestinations- und Illuminationslehre, geistvolle Spekulationen über das subjektive Zeitbewußtsein.
 
Bacon, Francis, 1561 - 1626, englischer Philosoph und Staatsmann, Begründer des Empirismus ("Wissen
ist Macht": technisches Verfügungswissen und menschliche Handlungsmacht), verfaßte die bekannte Schrift "Nova Atlantis", ein unvollendeter Entwurf eines utopischen Staates, forderte in seinem Hauptwerk: "Novum Organum" eine neue Methode, die Induktion, postulierte als Prophet der neuen Naturwissenschaft den praktischen Nutzen von Forschung.
 
Beauvoir, Simone de, 1908 - 1986, französische Schriftstellerin, Lebensgefährtin von Jean-Paul
Sartre und namhafte Repräsentantin des Existentialismus.
 
Bentham, Jeremy, 1748 - 1832, englischer Utilitarist, Begründer des klassischen Utilitarimus, einer im angelsächsischen Sprachraum dominanten Philosophieströmung, die durch das Utilitäts-, Hedonismus-, Konsequenzen- und Universalprinzip gekennzeichnet ist. Bentham erhebt das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl zum moralischen Kriterium.
 
Berkeley, George, 1685 - 1753, anglo-irischer Empirist, Hauptwerke: "A Treatise concerning the Principles of Human Knowledge", "Drei Dialoge zwischen Hylas und Philonus", Grundsatz: "esse est percipi" (Sein heißt Wahrgenommensein).
 
Bloch, Ernst, 1885 - 1977, Philosoph, Vertreter einer neomarxistischen Theorie der Utopie, nach Emigration 1933 seit 1948 Professor in Leipzig, nach dem Bau der Berliner Mauer seit 1961 in Tübingen, versuchte in seinem Werk die religiöse, besonders jüdische, und philosophische Tradition im Hinblick auf die Kategorie Möglichkeit zu schärfen (reale Utopie) und das Bild eines besseren, menschlicheren Daseines zu zeichnen, dessen Realisierung die Veränderung der politischen und ökonomischen Bedingungen voraussetzen würde: "Man muß ans Prinzip Hoffnung glauben. Ein Marxist hat nicht das Recht, Pessimist zu sein."

 
Buber, Martin, 1878 - 1965, jüdischer Religionsforscher und Philosoph, bemühte sich besonders um das jüdische Erbe (Bibelübersetzung, Sammlung der Erzählungen des Chassidim) und übte großen Einfluß auf die pädagogische Bewegung nach dem 1. und 2. Weltkrieg aus (Pädagogik der Begegnung).
 
Camus, Albert, 1913 - 1960, französischer existentialistischer Philosoph und mit dem Nobelpreis ausgezeichneter Schriftsteller, verstarb früh durch einen Autounfall und hinterließ kein geschlossenes
Werk, ging aus von der Reflexion über das Absurde aus der Konfrontation von Mensch und Welt, "Es gibt nur ein wirklich ernstes pilosophisches Problem: den Selbstmord": so lautet der erste Satz seines Buches "Der Mytos von Sisyphos. Ein Versuch über das Absurde". Das Schicksal des Menschen ist das Leiden in seiner sinn- und gottlosen Welt.
  
Chomsky, Noam, geb. 1928 in Philadelphia / Pennsylvenia, Begründer der neueren Linguistik. Professor für ausländische Literatur, Linguistik und Elektronik am Massachusetts Institute of Technology (MIT), das mit seinen Studien über die Grenzen des Wachstums bekannt geworden ist.
  
Descartes, René, 1596 - 1650, französischer Mathematiker und Philosoph, Mitbegründer der neuzeitlichen Philosophie und gedanklicher Vater des Rationalismus sowie des nach ihm benannten Cartesianismus, machte den radikalen metaphysischen Zweifel zum Ausgangspunkt seines Denkens und dabei gewonnene Gewissheit Ich denke, also bin ich (cogito ergo sum) zum Hauptsatz seiner Philosophie; die Untersuchung der  Bewusstseinsinhalte führte ihn zum zwingend Gewissen in den eingeborenen Ideen (Gott, mathematische Sätze), deren Gewissheitsgründe zu Kriterien jeder wahren Erkenntnis werden; leitete für den Menschen einen Dualismus aus Denken und ausgedehnter Substanz, dem Körper, ab, deren Zusammenwirken er nicht  befriedigend erklären konnte. 1461 erfolgte die ausführliche Darstellung seiner Metaphysik in dem bedeutenden Werk "Meditationes de prima philosophia" (Betrachtungen über die Grundlagen der Philosophie), aus deren Untertitel hervorgeht, worum es sich handelt: die Existenz Gottes und die Unstofflichkeit der Seele. Die literarische Form ist ein autobiographischer Bericht über eine Woche des Nachdenkens, ergänzt um die Einwendungen sechs Gelehrter sowie seine Antworten. Die sich aus den Meditationen ergebenden Konsequenzen für die Naturwissenschaft stellt Descartes 1464 in seinem systematischen Hauptwerk, den "Principia philosophiae" (Prinzipien der Philosophie) dar.
 
Fichte, Johann Gottlieb, 1762 - 1814, Philosoph des deutschen Idealismus, seit 1809 Professor in Berlin, seit 1810 erster Rektor der Berliner Universität, knüpft in seiner Philosophie direkt an Kant an, 17994 erschien sein Hauptwerk "Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre", führt in seiner Wissenschaftslehre alle Wirklichkeit auf das reine, über-individuelle, nicht-empirische Ich zurück, das sich als sittliche Handlung in Natur und Geschichte dialektisch entfaltet; später wird es mit Gott gleich gesetzt (Pantheismus). Der frühe Fichte beeinflußt Hegel mit seiner Betonung der Subjektivität und Marx mit seiner Idee von der Selbsterzeugung des Menschen.
 
Foucault, Michel, 1926 - 1984, französischer Philosoph und Anthropologe, Vertreter des Poststrukturalismus, mit seinem Buch "Wahnsinn und Gesellschaft (1961) erlangt Foucault Berühmtheit, sein Hauptwerk heißt "Sexualität und Wahrheit", den zweiten und dritten Teil "Der Gebrauch der Lüste" und "Die Sorge um sich selbst" entstand in seinen letzten Lebensjahren, bevor er 1984 an Aids starb.
 
Gadamer, Hans Georg, geb. 1900, Philosoph, 1939 Professor in Leipzig, 1947 in Frankfurt, 1949 in Heidelberg, Vertreter der philosophischen Hermeneutik (Hauptwerk: "Wahrheit und Methode"), nach der alle menschlichen Bezüge zur Wirklichkeit sprachlich vermittelt und auf verstehende Auslegung angewiesen sind.
 
Gehlen, Arnold, 1904 - 1976. 1934 - 45 Professor in Leipzig, seit 1947 in Speyer und an der TH in Aachen tätig, Denker der anthropologischen Wende in der Philosophie, zielte auf eine an Ergebnissen der empirischen Humanwissenschaften orientierte moderne philosophische Anthropologie, in der die staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen als notwendiger Ersatz für die Instinktunsicherheit des Menschen gesehen werden.
  
Habermas, Jürgen, geb. 1929 in Düsseldorf, lehrte Philosophie und Soziologie in Heidelberg und Frankfurt (Main), zeitweiliger Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg, Kritiker des (Neo-)Positivismus und der spätkapitalistischen Gesellschaft, sucht von einem neomarxistischen Ansatz her nach einer kritisch-emanzipatorischen Theorie des gesellschaftlichen Wandels, Vertreter der Frankfurter Schule sowie neben Karl-Otto Apel der Diskurs- und Kommunikationsethik, der meistzitierte deutsche Gegenwartsphilosoph, Hauptwerke: "Erkenntis und Interesse" (1968), "Theorie des kommunikativen Handelns" (1981).
  
Hegel, Georg Friedrich Wilhelm, 1770 - 1821, der deutsche Aristoteles, Professor in Jena, Heidelberg und seit 1818 als Nachfolger Fichtes in Berlin - dieser letzte Ortswechsel begründete seinen Sprung zum bestaunten und gefeierten Staatsphilosophen -, entwickelte als letzter Systemdenker auf dem Boden des nachkantianischen deutschen Idealismus eine Philosophie, in der das absolut Seiende als die in dialektischer Entwicklung befindliche absolute Vernunft (Geist) begriffen wurde, die sich im Menschen ihrer selbst bewußt wird (subjektiver Geist), im Staat ihre Verwirklichung findet als sittliche Idee (objektiver Geist) und sich in Kunst, Religion und Philosophie als sie selbst offenbart (absoluter Geist). Durch sein erstes Hauptwerk: "Die Phänomenologie des Geistes" (1807) und sein zweites Hauptwerk "Die Wissenschaft der Logik" sowie durch Nachwirkungen bei den sog. Junghegelianern (Feuerbach, u.a.) und bei Marx und im Marxismus ist das Denken Hegels noch immer aktuell.
 
Heidegger, Martin, 1889 - 1976, war zunächst Philosophieprofessor in Marburg, wurde 1928 Nachfolger von Husserl an der Universität Freiburg, hatte wegen seines Engagements für den Nationalsozialismus auf Beschluß der Besatzungsmächte von 1945 bis 1951 Unterrichtsverbot, ein Hauptvertreter der deutschen
Existenzphilosophie; befaßte sich in seinem Hauptwerk "Sein und Zeit" mit der Seinsfrage und unternahm eine Analyse der Daseinsweise des Menschen, vertrat die These, in der abendländischen Geistesgeschichte sei der Bezug des Menschen zur Wahrheit des Seins verloren gegangen, den er in vorsokratischer Philosophie und in der Dichtung fand. Er interpretierte den neuzeitlichen Weg der Wissenschaft als Seinsvergessenheit.
 
Hobbes, Thomas, 1588 - 1679, englischer Staatsmann und Philosoph, einer der Begründer der praktischen Philosophie der Neuzeit und Vertreter der Theorie des Gesellschaftsvertrages, entwarf eine empiristische Erkenntnistheorie und eine Gesellschaftstheorie, die vom Menschen als Triebwesen ausgeht. Der aus dem Streben des einzelnen nach Genuß hervorgehende Naturzustand des Kampfes aller gegen alle wird durch einen Unterwerfungsvertrag unter einen absoluten Herrscher befriedet.
 
Horkheimer, Max, 1895 - 1973, Soziologe und Philosoph, Vertreter der Kritischen Theorie, arbeitete mit Theodor W. Adorno u.a. am Frankfurter Institut für Sozialwissenschaften - einer marxistischen Forschungsstätte - an einer Kritischen Analyse und Theorie der Gesellschaft, die er 1937 in seiner Abhandlung "Traditionelle und kritische Theorie" programmatisch definierte; nach der Emigration (New York) seit 1949 bis 1995 an der Universität Frankfurt (Main), Mitbegründer der Frankfurter Schule.
 
Hume, David, 1711 - 1776, bedeutendster Vertreter des Empirismus und der Aufklärung in England, sein 1740 erschienenes philosophisches Debut ist zugleich sein Hauptwerk: "A Treatise of Human Nature". Hume's vom Zweifel getragene und auf Erfahrung beharrende Philosophie wirkte insbes. auf Immanuel Kant, der selber sagte, er sei durch Hume aus seinem dogmatischen Schlummer geweckt worden. Über Come's Positivismus wirkt sein Denken bis in die Gegenwart.
 
James, William, 1842 - 1910 in Chocorua/New Hampshire, Professor für Philosophie und Psychologie an der Harvard University in Cambridge / Massachusetts, Begründer des Pragmatismus, stellte den Nutzen von Denken und Erkennen für das Handeln von Menschen heraus, verfaßte auch Schriften zur Psychologie und Religionsphilosophie (Varieties of Religious Experience).
 
Jaspers, Karl, 1883 - 1969 in Basel, Professor für Philosophie in Heidelberg bis zu seiner Amtsenthebung 1937, Wiedereinsetzung 1945, seit 1948 Professor in Basel, zeitlebens kränklich, legte 1919 mit seiner "Philosophie der Weltanschauungen" das erste Buch einer neuen Schue, nämlich der "Existenzphilosophie'" vor und avancierte neben Heidegger zum bedeutendsten Denker der Existenzphilosophie: Philosophie ist Existenzerhellung, die von Grenzerfahrungen ausgeht und Weltanschauungen kritisiert, setzte sich auch mit Fragen der Religion und Wissenschaft auseinander. Zur Einführung empfiehlt sich die kurze Schrift "Der Philosophische Glaube".
 
Jonas, Hans, 1903 - 1993, Vertreter einer ökologischen Ethik, entwickelte angesichts der möglichen Katastrophe eine Heuristik der Furcht und Ethik der Erhaltung (Vorrang der schlechten Prognose vor der guten Prognose), übte starke Kritik an der marxistischen und technologischen Utopie, die der menschlichen Entwicklung nicht die notwendigen Grenzen setzen können. Hauptwerk: "Das Prinzip Verantwortung. Versuch
einer Ethik für die technologische Zivilisation" (1979), ergänzt durch die Kasuistik "Medizin - Technik - Ethik".
 
Kant, Immanuel, geb. 1724 und gest. 1804 in Königsberg, der Königsberger Philosophieprofessor markierte den Höhepunkt der Aufklärung, als Begründer der sog. Transzendentalphilosophie (löste die Transzendenzphilosophie ab, wurde selbst wiederum durch die Transzendentalpragmatische Reflexion Karl-Otto Apels abgelöst), der bedeutendste und folgenreichste Philosoph des 18. Jahrhunderts, leistete in seinen drei Kritiken (der reinen Vernunft 1781, der praktischen Vernunft 1788, der Urteilskraft 1790) eine neue Grundlegung der Erkennntnistheorie, der Ethik und der Ästhetik und zugleich eine Überwindung der traditionellen Metaphysik, des Empirismus und des Rationalismus der Aufklärung.
 
Leibniz, Gottfried Wilhelm, 1646 - 1716, Rat und Bibliothekar in Hannover, schrieb mehr als 15.000 Briefe an ca. 1.000 Adressaten, Vertreter des Rationalismus und Begründer der Differentialrechnung, erdachte den Vorläufer unseres Taschenrechners, entwarf die sog. Monadenlehre, nahm eine von Gott prästabilierte Harmonie an. Seine Philosophie, die um die Begriffe Sein, Individuum und Einheit kreist, versucht eine Harmonisierung des Rationalismus mit traditionellem Gedankengut. In der "Theodizee", - neben der 1695 veröffentlichten Gesamtdarstellung seiner Metaphysik - einem seiner beiden Hauptwerke, begründete er mit seiner Idee von unserer Welt als der besten aller möglichen einen philosophischen Optimismus.
 
Locke, John, 1632 - 1704, englischer Philosoph und Empirist, Universalist und Philantroph, bedeutender Staatsphilosoph der Aufklärung, der gegen die angeborenen Ideen der Rationalisten, z.B. Descartes argumentierte, lehnte in seiner Staatstheorie den Hobbesschen Absolutismus ab und sprach sich für
Gewaltenteilung und Widerstandsrecht aus. Ein Bestseller wurde seine 1000 Seiten umfassende, erkenntnistheoretische Schrift "Essay Concerning Human Understanding" (Versuch über den menschlichen Verstand), in der er über Umsprung und Umfang menschlicher Erkenntnis schreibt. Hier legt er seine empiristische Überzeugung dar, daß nichts im Verstand ist, was nicht zuvor in der Sinneswahrnehmung war.
 
Luhmann, Niklas, geb. 1927 in Lüneburg, Professor in Bielefeld, als Soziologe Vertreter der Systemtheorie, entwarf ein Erklärungsmodell für alle komplexen sozialen Einheiten vom Persönlichkeitssystem bis zum Gesellschaftssystem; vertrat die Ansicht, die Leistung von Systemen bestehe in der für ihren Bestand lebenswichtigen Reduzierung von Komplexität. Luhmanns Systemtheorie geht zurück auf die biologische Systemtheorie des chilenischen Biologen Humberto Maturana, wonach Lebewesen in sich geschlossene, sich selbst erzeugende Systeme sind; Luhmann hat dies auf Sinnsysteme übertragen.
 
Marx, Karl, 1818 - 1883 , Schüler Hegels, Philosoph und Theoretiker des Kommunismus, schuf in Anlehnung
und Kritik an Hegel den dialektischen und historischen Materialismus und in seinem Rahmen eine Theorie der revolutionären Weltveränderung in Richtung auf eine klassenlose Gesellschaft: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern" (11. These zu Feuerbach). Mit seinem Freund und Förderer Friedrich Engels (1820 - 1895) verfaßte er seine Hauptwerke: "Deutsche Ideologie" (mit den "Thesen zu Feuerbach"), das vom Bund der Kommunisten 1848 in Auftrag gegebene "Kommunistische Manifest" - das Evangelium des marxistischen Sozialismus - und "Das Kapital - Kritik der politischen Ökonomie". Sein Denken fand schnell Verbreitung, seine geschichtliche Wirkung entfaltete sich v.a. bei Wladimir Iljitsch Lenin (1870 - 1924). An Marx knüpfen aber auch Ernst Bloch, Horkheimer, Adorno und Marcuse an.
 
Mill, John Stuart, 1806 - 1873, englischer Philosoph und Politiker, Vertreter des Liberalismus und Utilitarismus, nimmt den Benthamschen Utilitarismus gegen den Vorwurf der pig-philosophy in Schutz durch Einführung des sog. qualitativen Hedonismus, wonach zwischen den verschiedenen Arten und Anlässen von Lust und und Unlust zu unterscheiden ist. Neben der Philosophie galt Mills Interesse der Nationalökonomie, deren erstes Lehrbuch er 1848 verfaßte.
 
Mittelstraß, Jürgen, geb. 1936 in Düsseldorf, seit 1970 Professor für Philosophie in Konstanz, Studien zur neuzeitlichen Wissenschaft und Philosophie, arbeitet insbesondere an Problemen der Theoriebildung und des Begründungsproblems der Wissenschaften, ist aus der sog. Erlanger Schule hervorgegangen, bekennender
Interdisziplinärer.
 
Montaigne, Michel de, 1533 - 1592, reicher Erbe einer bürgerlichen Familie, studierter Jurist, zeitweilig Bürgermeister, französischer Renaissancephilosoph und humanistischer Skeptiker, veröffentlichte seine Gedanken ab 1580 in den "Essais" (Versuchen).
 
Montesquieu, Charles-Louis de Secondat, 1689 - 1755, adliger Jurist, französischer Geschichts-, Moral- und Staatsphilosoph der Aufklärung, sein 1000 Seiten umfassendes Hauptwerk ist der "Esprit des lois" (Vom Geist der Gesetze), eine Untersuchung über die Voraussetzungen und Wirkungen von Recht und Gesetz.
 
Nikolaus von Kues, genannt Cusanus (latinisiert), 1401 - 1464, deutscher Kardinal, Theologe und Philosoph, Jurist und Mathematiker, Universalgelehrter, markiert den Übergang von der Scholastik des Mittelalters zum Humanismus der Neuzeit, machte als Sohn eines deutschen und nichtadeligen Moselschiffers eine glänzende Kirchenkarriere, schließlich Generalvikar in Rom, Humanist(enfreund), baute sein neuartiges Denkgebäude auf neuplatonischen Vorstellungen auf und verband es mit mathematisch - naturwissenschaftlichen Überlegungen, versuchte in spekulativen Gedankengängen nachzuweisen, daß menschliches Wissen nur ein Mutmaßen ist angesichts der Unendlichkeit und Unbegreiflichkeit Gottes (veri simile, verum, veritas), der nur im gewußten Nichtwissen erfaßbar ist (theologia negativa; docta ignorantia; ars coniecturalis; coincidentia oppositorum). Hauptwerke: "De concordantia catholica" (Von der allumfassenden Übereinstimmung), "De docta ignorantia" (Vomgelehrten Nichtwissen), "De coniecturis" (Von den Mutmaßungen).
 
Nietzsche, Friedrich, 1844 - 1900, 1869 - 1879 Professor für Klassische Philologie in Basel, gab aus gesundheitlichen Gründen sein Lehramt auf, danach philosophischer Schriftsteller, starb nach unstetem Leben in geistiger Umnachtung, zählt zu den größten Dichtern deutscher Sprache, Vertreter einer radikalen antichristlichen und antirationalistischen Kultur- und Moralkritik, bekämpft die klassische Metaphysik, die christliche Tradition und die bürgerliche Moral (von Christus über das Nichts zu Dionysos), entwickelt eine Philosophie des Willens zur Macht, einer Umwertung aller Werte, des Übermenschen und einer Eliteherrschaft (amor fati).
 
Picht, Georg, geb. 1913 in Straßburg, Professor für Religionsphilosophie in Heidelberg, entwarf zeitkritische Analysen zur Wissenschaftstheorie, Religion, Politik, Pädagogik ("Die deutsche Bildungskatastrophe", 1964) und Futurologie.
 
Platon, 428/27 - 347 v. Chr., wohlhabender Aristokrat, Schüler des Sokrates und Lehrer des Aristoteles, einer der bedeutendsten Denker der Philosophiegeschichte, begründete die idealistische Philosophie, stellte in seinen Dialogen Sokrates als Gesprächspartner über erkenntnistheoretische, ethische und politische
Grundprobleme vor - so definierte er das Böse als einen Mangel an Gutem -, begründete die Ideenlehre,
nach der nicht die sinnenhaft wahrnehmbare Wirklichkeit, sondern die geistigen Ideen das eigentliche Sein ausmachen, legte Beweise für die Unsterblichkeit der Seele vor und entwarf zugleich eine Seelenwanderungslehre, schrieb bedeutende staatsphilosophische Werke: "Nomoi" (Die Gesetze) und "Politeia" (Der Staat), sprach sich inmitten von Bürgerkriegen für die Philosophenherrschaft aus (7. Brief), entwickelte die Lehre von den vier Kardinaltugenden (Klugheit, Besonnenheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit). Das christliche Mittelalter konnte an seine Zwei-Welten-Lehre anknüpfen.
 
Plotin, 205 - 270, bedeutendster Philosoph der Spätantike und des Neuplatonismus, knüpfte an Platon an, stellte Metapysik und Ontologie in den Mittelpunkt seiner Philosophie, beschwor das Einheitserlebnis, Drei-Stufen-Weg: via purgativa, via illuminiativa, unio mystica.
 
Popper, Karl Raimund, geb. 1902 in Wien, Kritiker des Wiener Neopositivismus, 1938 Emigration nach England, seit 1945 Professor an der Universität in London, wichtiger Wissenschaftstheoretiker und politischer Denker, Begründer des kritischen Rationalismus ("Ich kann mich irren, Du kannst recht haben. Zusammen kommen wir der Wahrheit vielleicht auf die Spur"), wendet sich 1945 in seinem Buch "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" gegen Gesellschaftsutopien; hat seine Methode des kritischen Rationalismus in der Schrift "Die Logik der Sozialwissenschaften" dargelegt, darüber entstand 1961 der sog. Positivismusstreit, eine Kontroverse in der deutschen Soziologie, in seinem Hauptwerk: Logik der Forschung (1934) zeigtPopper, daß alle Erfahrungswissenschaft hypothetisch ist.
 
Pythagoras, 580 - 500 v. Chr., vorsokratischer griechischer Philosoph und Mathematiker, Zahlensymbolik, Anhänger der Lehre von der Seelenwanderung.
 
Rawls, John, geb. 1921, politischer Denker, Vertreter des Neoliberalismus, nimmt die Kritik am Utilitarismus auf, der keine (Verteilungs-)Gerechtigkeit begründen kann, versteht Gerechtigkeit als stets neu herzustellende Balance zwischen Freiheit und Privilegien: Gerechtigkeit als Fairness. Hauptwerk: Eine Theorie der Gerechtigkeit.
 
Rousseau, Jean-Jacques, 1712 - 1778, französischer Philosoph der Aufklärung, übt heftige Kritik an der Zivilisation, die den von Natur aus guten Menschen verdirbt, Ziel ist die politische Befreiung des Menschen, zwischen 1761 und 1762 entstanden die drei bedeutendsten Werke: "Julie oder die neue Héloise" - ein Roman, der die Standesschranken kritisiert -, "Émile oder über die Erziehung" - das Werk beschreibt eine an den natürlichen Anlagen orientierte Erziehung - und das staatsphilosophische Werk "Contract social" (Sozialvertrag).
 
Russell, Bertrand, 1872 - 1970, englischer Logik, Sprachphilosoph und engagierter politischer Denker, ausgerüstet mit dem Instrument der Logi un dem Ideal völliger Klarheit der Sprache begründete Russell in dem Aufsatz "Über das Kennzeichen" (1905) die logisch-analytische Philosophie, die im angelsächsischen Sprachraum dominierend ist, widmete die letzten Lebensjahre dem Kampf für Frieden und Abrüstung.
 
Sartre, Jean-Paul, 1905 - 1980, Literat und Philosoph, bedeutendster Vertreter des französischen Existentialismus, erstes Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" (1943). Mit einem Radiovortrag "Ist der Existentialismus ein Humanismus?" verhilft Sartre seiner Lehre 1946 zu ungeheurer Popularität. Er unterschied zwischen Essenz und Existenz, sprach letzterer im Unterschied zum Christentum Priorität zu, Der Mensch ist in die Existenz geworfen und zur Freiheit verurteilt, Liebe als Versuch freier Bindung, Tod als absurdes Ende des Lebens. Sartre machte in seinem zweiten Hauptwerk: "Kritik der dialektischen Vernunft" (1960) die menschliche Freiheit zum Gegenstand seines Nachdenkens, die hier in sozialen und geschichtlichen Zusammenhängen betrachtet wird: es gibt eine Dialektik von Determiniertheit und Wahl. Sartre erhielt für die Autobiographie seiner Kindheit "Die Wörter" (1963) den Literaturnobelpreis, den er jedoch als Vereinnahmungsmanöver ablehnte.
 
Scheler, Max, 1874 - 1928, Mitbegründer der modernen philosophischen Anthropologie (anthropologische Wende in der Philosophie) und Werteethik.
 
Schelling, Friedrich Wilhelm, 1775 - 1854, Philosoph der Romantik, Vertreter des Deutschen Idealismus. Seine bedeutendste und ausgereifteste Leistung ist die Identitätsphilosophie, die eine Kombination von Natur- und Transzendentalphilosophie und das philosophiegeschichtliche Bindeglied zwischen Fichte und Hegel darstellt: Schelling versteht die Natur als Erscheinung eines göttlichen Geistes.
 
Schopenhauer, Arthur, 1788 - 1860, Misantroph, Vertreter einer pessimistischen Metaphysik und Anthropologie, betrachtet Egoismus als Triebfeder menschlichen Handelns und Mitleid (= Abwesenheit aller egoistischen Beweggründe) als Quelle moralischen Handelns; Ethik des Mitleids: ich erkenne mich im Leid des Anderen wieder = großes Mysterium der Ethik. Hauptwerk: "Die Welt als Wille und Vorstellung" (1818). Berühmtheit erlangte er jedoch durch das populärwissenschaftliche Spätwerk "Parerga und Paralipomena", v.a. wegen der darin enthaltenen "Aphorismen zur Lebensweisheit".
 
Schweitzer, Albert, 1875 - 1965, evangelischer Theologe und Kulturphilosoph, Humanmediziner und Kirchenmusiker, Träger des Friedensnobelpreises, gründete und leitete ein Tropenhospital in Lambarene (Französisch-Äquatorial-Afrika), entwickelte die Lehre von der Ehrfurcht vor dem Leben: Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will. Das Grundprinzip des Sittlichen lautet: Gut ist, Leben erhalten und Leben fördern, schlecht ist, Leben schädigen und Leben zerstören.
  
Singer, Peter, geb. 1946, australischer Moralphilosoph und Bioethiker, begründete den Präferenzutilitarismus, eine moderne Spielart des klassischen Utilitarismus, die das Hedonismusprinzip durch das Präferenzprinzip und das Universal- oder Sozialprinzip durch das Prinzip der gleichen Erwägung von Interessen ergänzt. Hauptwerk: "Praktische Philosophie", "Shall the Baby Alive" (mit Helga Kuhse).
 
Sokrates, 469 - 399 v. Chr., Steinmetz in Athen, Gatte der sprichwörtlichen Xanthippe, wurde der Leugnung der Götter und der Verführung der Jugend angeklagt und durch den Schierlingsbecher hingerichtet, Lehrer Platons und Hauptfigur in dessen frühen Schriften, konstruierte keine philosophisches System und verfaßte keine eigenen Schriften, betrieb seine Philosophie in einem Rede-und-Antwort-Spiel mit Schülern und Passanten auf den Straßen Athens, löste die kosmologische Naturphilosophie der Vorsokratiker durch die Wende hin zur Anthropologie und Ethik ab, zugleich wandte er sich gegen den Relativismus der Sophisten. Das sokratische Philosophieren kann als Beispiel ethischen Philosophierens genommen werden: Das Sittliche ist lehr- und lernbar (Unrechtleiden ist besser als Unrechttun).
  
Spinoza, Baruch de, 1632 - 1677, ein im jüdischen Geist erzogener Holländer, wegen seiner Irrlehren aus Amsterdam verbannt, wie Descartes, den er studierte, Vertreter des Rationalismus, entwarf eine philosophische Theorie als System nach dem Vorbild der Mathematik. In seinem Hauptwerk, der fünf Bücher umfassenden "Ethik", bot er eine Essenz seines philosopischen Denkens über Gott, die Natur und - dem Titel gemäß - die Ethik. Er gelangte zu der Auffassung, daß Gott, Natur und Substanz eins sind.
 
Thomas von Aquin, 1225 - 1274, Dominikaner, bedeutender Philosoph und Theologe des hohen Mittelalters, Lehrer der Theologie in Paris (zwei Berufungen!) zur Zeit der Scholastik, Kirchenlehrer der Katholischen Kirche, entwickelte aus biblischen und theologischen Voraussetzungen mit den Begriffen der aristotelischen Philosophie ein umfassendes theologisches Lehrgebäude, das bis heute für die katholische Kirche maßgebend ist, beförderte eine Aristoteles-Renaissance und bemühte sich um eine Vermittlung zwischen platonischer und
aristotelischer Philosophie, entwickelte die aristotelische Tugendlehre weiter und ergänzte sie durch die Naturrechtsphilosophie. Das erste Gebot der Natur lautet: "Erstrebe Gutes, meide Böses". In seiner "Summe der Theologie" führte er fünf Wege (quinque viae) vor, die dem Verstand das Dasein Gottes beweisen.
 
Voltaire, Francois Marie Arouet, 1694 - 1788, nennt sich seit 1719 Voltaire, französischer Philosoph und Aufklärungsschriftsteller, Hauptvertreter der französischen Aufklärung, kritisierte den französischen Absolutismus mit Hilfe von Briefen "Lettres philosophiques", kein selbständiger Philosoph, sondern philosophischer Eklektiker, sein philosophisches Hauptwerk ist der "Traité de métaphsique" Metaphysischer Traktat), seinen Nachruhm begründeten die "Contes philosophiques" Philosophische Erzählungen), wandte sich gegen kirchliche Dogmen (Erkennbarkeit Gottes, Unsterblichkeit der Seele), erblickte in der Weltgeschichte den Kampf des Menschen um Fortschritt und Bildung.
 
Weizsäcker, Carl Friedrich von, geb. 1912 in Kiel, 1957 - 1969 Professor für Physik und Philosophie in Hamburg, seit 1969 Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg, relevante Beiträge zu den Grundlagen der Quantentheorie, zur Verantwortung des Wissenschaftlers im Atomzeitalter, zur Friedensforschung und zur Geschichte der Naturwissenschaften.
 
Wittgenstein, Ludwig, 1889 - 1951, Mitbegründer der Sprachphilosophie des 20. Jahrhunderts, nahm die Sprache als Ausgangspunkt der Philosophie, verfaßte 1919 den "Tractatus logico-philosophicus", das wohl einflußreichste Buch des 20. Jh.s: Alle Philosophie ist Sprachkritik, d.h. Beschränkung der Warheit auf das klar Sagbare, auf Naturwissenschaft. Der Rest ist Schweigen. Wittgenstein vollzog von dem "Tractatus" bis zu den "Philosophischen Untersuchungen" eine philosophische Wende: Wittgenstein entwarf in seinem posthum veröffentlichten Werk eine Philosophie der Alltagssprache (Ordinary Language Philosophy), die von Austin und Searle zur Sprechakttheorie weiterentwickelt wurde.