Stichwortverzeichnis

Agnostizismus, (griech. agnoein = nicht wissen), Lehre von der Unerkennbarkeit Gottes.
 
Analytische Philosophie, moderne philosophische Strömung v.a. in angelsächsischen und skandinavischen Ländern, welche die Lösung philosophischer Probleme durch Analyse der Sprache und durch Anwendung wissenschaftlicher Methoden erstrebt. Die beiden wichtigsten Schulen sind die Ordinary language philosophy (Hauptvertreter: Wittgenstein) und die Ideal language philosophy.
 
Anthropologie, (griech. anthropos = Mensch und logos = Lehre) seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlicher Begriff für die Lehre vom Wesen bzw. der Natur des Menschen. Als philosophische Disziplin fragt die Anthropologie nach dem Wesen und der Stellung des Menschen in der Welt, insbesondere nach dem Unterschied von Tier und Mensch. Die moderne Anthropologie verdankt sich im wesentlichen den Untersuchungen und Anregungen von drei Philosophen: Max Scheler ("Die Stellung des Menschen im Kosmos", 1927), Helmut Plessner ("Die Stufen des Organischen und der Mensch", 1928) und Arnold Gehlen ("Der Mensch. Seine Natur und seine Stellung in der Welt", 1940).
 
Anthropozentrismus, (griech. anthropos = Mensch und kentron = Mittelpunkt) Auffassung, daß der Mensch im Mittelpunkt des Alls steht, daß er Ziel und Zweck des Weltgeschehens ist, daß er Krone der Schöpfung ist Gegensatz: Physiozentrismus: Biozentrismus, Pathozentrismus, Holismus).
 
Antike Philosophenschulen, Philosophenschulen in der Zeit zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und dem 6. Jahrhundert n. Chr., die eine Glückslehre (Eudämonismus) vertraten. Glückselig leben bedeutet nicht, sich den Lüsten hinzugeben, sondern unter der Leitung des Logos, d.h. tugendhaft zu leben:
- Epikureer: die von dem "Gartenphilosophen" Epikur (341-274 v. Chr.) begründete griechische Philosophenschule, die Freude und Lust als Ziel der Lebensführung definiert und zum Rückzug aus dem aktiven, politischen Leben rät, Ziel: ataraxia (= Meeresstille des Gemüts).
- Stoiker: eine von Zenon von Kition begründete Philosophenschule, für die Glück in der Seelenruhe (apatheia; Der Stoische Weise) und Tugend im naturgemäßen, d.h. vernunftgemäßen Leben bestand. Wichtige Vertreter: Seneca (4 v. Chr. 65 n. Chr.), Epiktet (50-135), Marc Aurel (121-180).
 
Antinomie, (griech. anti = gegen und nomos = Gesetz) innerer Widerspruch. In die Philosophie führte Kant den Begriff der Antinomie als Terminus ein (Kantische Antinomienlehre).
 
Causa sui (lat.), Ursache seiner selbst; Kurzformel für die Annahme, daß eine Erstursache (Gott) nicht wiederum verursacht sein kann, z.B. Aristoteles: Der unbewegte Beweger.
 
Determinismus, (lat. determinare = abgrenzen, abstimmen) Glaube an eine durchgehende Vorherbestimmung natürlicher Ereignisse oder menschlichen Handelns.
 
Deutscher Idealismus, die in Deutschland nach Kant vorherrschende und bis zum Tod Hegels 1831 andauernde philosophiegeschichtliche Periode, in der man sich bemühte, die Wirklichkeit in einem umfassenden Systementwurf zu begreifen. Wichtigster Vertreter: Kant, Fichte, Schelling, Hegel.
 
Diskursethik, die von Karl-Otto Apel (geb. 1922) und Jürgen Habermas (geb. 1929) vertretene Ansicht, dass der Mensch in der Kommunikation mit seinen Mitmenschen immer schon bestimmte moralische Grundwerte anerkannt hat.
 
Dogma, (griech. dogma = Meinung, Lehrsatz, Glaubenssatz) fest gefügter Glaubensgrundsatz.
 
Doktrin, Lehrmeinung.
 
Erkenntnistheorie, die philosophische Disziplin, die sich mit Wesen, Ursprung, Bedingung, Ziel und Grenze menschlicher Erkenntnis beschäftigt. Obwohl der Begriff erst im 19. Jahrhundert geprägtwurde, ist die Problemstellung so alt wie die Philosophie selbst.
- Empirismus: Erfahrung als alleinige Quelle der Erkenntnis.
- Rationalismus: Annahme erfahrungsunabhängiger (apriorischer) Erkenntnis der Welt.
- Evolutionäre Erkenntnistheorie: eine moderne Auffassung, derzufolge der menschliche Erkenntnisapparat sich im Laufe der Evolution entwickelt und an die Wirklichkeit adaptiert hat. Hauptvertreter: Lorenz.
 
Ethik, auch Moralphilosophie; die Disziplin der praktischen Philosophie, die sich mit den Grundlagen des moralischen Handelns und der Begründung moralischer Normen beschäftigt. Im Mittelpunkt steht die Frage: An welchen Normen und Zielen sollen die Menschen ihr Handeln orientieren? Diese Frage wurde in der Geschichte der Philosophie unterschiedlich beantwortet:
- antiker Eudämonismus: die von den antiken Philosophenschulen vertretene Position, die Glück für das Ziel menschlichen Handelns hält.
- Christliche Ethik des Mittelalters
- Pflichtethik bei Kant
- Nützlichkeitsethik (Utilitarismus)
- Mitleidsethik bei Schopenhauer
- Diskursethik bei Apel und Habermas, usw.
 
Existenzphilosophie/Existentialismus, eine philosophische Richtung des 20. Jahrhunderts in Europa, die das Vorhandensein des Menschen in der Welt nicht einfach als Faktum hinnehmen kann, sondern die Deutung und Sinngebung der Existenz des Einzelnen in den Mittelpunkt des Philosophierens stellt. Wichtige Themen sind Angst, Leid, Tod, Krankheit, Freiheit und Selbstverwirklichung. Die Erfahrung der Absurdität legt den Blick auf die Existenz als den innersten Seelenkern frei. Hauptvertreter: Jaspers, Heidegger, Sartre, Camus, de Beauvoir.
 
Fatalismus, (lat. fatalis = vom Schicksal bestimmt) Weltanschauung oder Lebenseinstellung, die durch Schicksalsgläubigkeit und Schicksalsunterwürfigkeit geprägt ist.
 
Geschichtsphilosophie, von Voltaire eingeführter Begriff zur Bezeichnung zweier Aspekte philosophischen Bemühens um geschichtliche Phänomene: a) Deutung von Geschichte, b) Methodologie der Geschichtsschreibung. Geschichtsphilosophie als philosophische Disziplin setzt sich mit den Entwicklungsgesetzen der Geschichte und deren Einflüssen auf das menschliche Handeln auseinander.
- zyklische Geschichtstheorie in der Antike
- teleologische Geschichtstheorie im Mittelalter
- Theorie vom geschichtlichen Fortschritt in der Neuzeit
 
Gnoseologisch, (griech. gnosis = und logos = Lehre) auch epistemologisch (griech. episteme = Erkenntnis und logos = Lehre), erkenntnistheoretisch.
 
Heteronom, (griech. heteros = fremd und nomos = Gesetz) fremdbestimmt, fremdgesetzlich, abhängig von den Gesetzen anderer.
 
Hypostase, Verdinglichung, Verselbständigung von Begriffen.
 
Hypothese, (griech. hypothesis = die Unterstellung, Grundlage) wissenschaftliche Annahme zur Erklärung eines Vorgangs.
 
Implizieren, (lat.) mit einbeschließen, einbegreifen, mitenthalten (v.a. beim logischen Verhältnis zweier Aussagen).
 
Kasuistik, (lat. casus = Fall) Beschreibung einzelner Möglichkeiten, Fallstudien.
 
Kategorischer Imperativ, in der kantischen Philosophie die allgemeinste Handlungsanweisung, der oberste Maßstab moralischen Handelns, der unabhängig von zu erreichenden Zwecken gilt. Prüfverfahren, mit dem ich feststellen kann, ob meine Maxime (= mein persönlicher Handlungsgrundsatz) zu einem allgemeinen Sittengesetz taugt (Verallgemeinerungsfähigkeit). Es gibt drei wichtige, gleichwertige Formulierungen des kategorischen Imperativs. Eine erste Formulierung lautet: Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte." ("Kritik der praktischen Vernunft"). Die zweite Formulierung lautet: "Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte." Die dritte Formulierung lautet: "Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst." ("Grundlegung zur Metaphysik der Sitten").
 
Kausalität, (mittellateinisch: Ursächlichkeit) Verhältnis bzw. Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung (Kausalitätsverhältnis, Kausalitätskonnex).
 
Kontemplativ, (lat.) anschaulich, betrachtend.
 
Kontingent, zufällig.
 
Logik, (griech. logike techne = Kunst des Denkens, Vernunftwissenschaft) die philosophische Disziplin, die sich mit den Regeln richtigen Denkens und Argumentierens sowie korrekten Schliessens und mit den Beziehungen zwischen Begriffen bzw. Aussagen beschäftigt.
 
Marxismus, durch Marx und Engels begründete Theorie, die in der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus die endgültige Befreiung des Menschen von Ausbeutung erkennt.
- Marxismus-Leninismus: systematische Zusammenfassung und autoritäre Durchsetzung der Lehren von Marx, Engels und Lenin durch die Kommunistische Partei der Sowjetunion
- Neomarxismus: Kritik an der Sowjetideologie führt zu verschiedenen Weiterentwicklungen des Marxismus im 20. Jahrhundert, z.B. die Frankfurter Schule. Wichtige Vertreter des Neomarxismus: Bloch, Sartre, Horkheimer, Habermas.
 
Metaphysik, (griech. meta = nach, über, und physis = Natur, natürliche Beschaffenheit) für Aristoteles markiert die Metaphysik den absoluten Anfang aller Philosophie. Metapysik ist die philosophische Disziplin, die sich mit den grundlegenden Prinzipien der Welt und des Seins auseinandersetzt; sie ist Lehre von den jenseits der sinnlichen Erfahrung liegenden Gründen der Welt.
 
Monotheismus, (griech. monos = allein, einzig und theos = Gott) Eingottglaube. Religiös-theologische Position, nach der es nur einen Gott gibt, der getrennt von der Welt existiert. Monotheistische Religionen sind Judentum, Christentum, Islam.
 
Moralisten, philosophische Schriftsteller, die die Natur des Menschen untersuchen und Regeln der Lebensklugheit aufstellen. Hauptvertreter: Montaigne.
 
Mystik, (griech. myein = sich schließen der Lippen und Augen) Gotterlebnis durch Versenkung in die menschliche Seele, "unio mystica" durch Vereinigung von Gott und Seele ("Sei Du Dein eigen, und ich werde Dein eigen sein"): Vertreter der christlichen Mystik: Meister Eckhart, Hildegard von Bingen, Nikolaus von Kues.
 
Mythen, (griech. Rede, Erzählung) Sagen von anthropomorphen Göttern, personalisierten Naturerscheinungen und prototypischen Menschen. Mythen sind untrennbar mit Ritualen verbunden. Rituale sind Orte und Zeiten, wo die Mythen vorgetragen werden, d.h. sich ereignen.
 
Naturphilosophie, die philosophische Disziplin, die sich mit dem Wesen und der Beherrschbarkeit der Natur auseinandersetzt.
 
Nihilismus, (lat. nihil = nichts) schillernder Begriff, bezeichnet die Auffassung von der Sinnlosigkeit und Wertlosigkeit alles Handelns, ja des ganzen Lebens. Nietzsche vertritt mit seinem Programm einer "Umwertung aller Werte" einen "vollkommenen Nihilismus": "Nichts ist wahr, alles ist erlaubt".
 
Sich objektivieren, sich vergegenständlichen, in Erscheinung treten.
 
Ontologisch, (griech. on (Genetiv: ontos) = seiend und logos = Lehre) seinsmäßig, auf das gesamte Sein bezogen.
 
Pantheismus, (griech.) All-Gott-Lehre, religiös-theologische, z.T. auch philosophische Lehre, nach der Gott in allen Dingen der Welt enthalten ist bzw. Gott und Welt identisch sind.
 
Phänomen, (griech.) die Erscheinung, insbes. eines Gegnstands der Außenwelt in den Sinnen. Das Phänomen nimmt eine vermittelnde Stellung zwischen der Welt und dem Denken ein.
 
Politische Philosophie, auch Staatsphilosophie, Teilbereich der praktischen Philosophie, die philosophische Disziplin, die sich mit den Maßstäben für eine gerechte und vernünftige Politik und mit den Entwürfen für einen idealen Staat beschäftigt. Modellcharakter für eine staatsphilosophische Argumentation haben:
- Staatsutopien bei Platon und in der
Renaissance
- Staat als freiwilliger Zusammenschluss von Menschen (Gesellschaftsvertrag) bei Hobbes,
Rousseau, Hegel
- Lehre des Kommunismus bei Marx
- Liberale politische Philosophie bei Mill und Popper
 
Polytheismus, (griech. polys = viel und theos = Gott) im Gegensatz zum Monotheismus (Eingottglaube) Vielgötterglaube.
 
Positivistisch, Beschränkung des Wissbaren auf die Beobachtung wahrnehmbarer positiver Tatsachen.
 
A priori (lat. vom Früheren her), was von vornherein feststeht, ohne des Beweises zu bedürfen. Gegensatz: a posteriori (lat. vom Späteren her), grundlegendes Begriffspaar der Erkenntnistheorie.
 
Probabilistisch, (lat. probabilis = glaublich, wahrscheinlich) der Wahrscheinlichkeit nach.
 
Projizieren, (lat. das Hervorwerfen) eigene Gefühle und Vorstellungen auf andere übertragen, nach außen verlegen.
 
Quo maius cogitari, (lat.) worüber hinaus Größeres nicht gedacht werden (Formel für Gott). Vertreter: Anselm von Canterbury.
 
Religionsphilosophie, die philosophische Disziplin, die sich mit den Erscheinungsformen und Aussagegehalten der Religionen selbst und ihrer Kritik sowie mit metaphysisch-theologischen Themen wie der Existenz Gottes und der Unsterblichkeit der
Seele beschäftigt. Eine systematische Religionsphilosophie hat Hegel vorgetragen.
 
Ritus, Gesamtheit gottesverehrender Gebräuche, allgemein: regelmäßig wiederkehrende Handlung.

Skeptizismus, (griech.) Zweifelnde und kritische Grundhaltung; philosophische Position, die eine sorgfältige Prüfung von Wahrheitsansprüchen verlangt.
 
Sprachphilosophie, die philosophische Disziplin, die sich mit den Ursprung und Wesen sowie Strukturen und Funktionen der Sprache beschäftigt. Die eschäftigung mit Sprache ist so alt wie die Philosophie selbst. Sie hebt bereits mit Parmenides an. Hauptvertreter im 20. Jahrhundert: Wittgenstein.
 
Superstition, Aberglaube.
 
Suprarational, übervernünftig, mit der Vernunft nicht zu erfassen.
 
Syllogistik, (griech. syllogistike techne = Kunst des Schlüsseziehens, Folgerns) von Aristoteles begründete und in der Scholastik weiterentwickelte Lehre von dem richtigen Schließen und von den logischen Schlüssen in syllogistischer Form. Die Syllogistik ist das Kernstück der traditionellen Logik.
 
Tabu, unantastbare Regel, unantastbarer Gegenstand.
 
Teleologisch, (griech. telos = Ziel, Zweck und logos = Lehre) auf einen Zweck, auf ein Ziel gerichtet.
 
Theodizeefrage, (griech. theos = Gott und dike = Gerechtigkeit) Frage nach der Verantwortung Gottes für das Böse in der Welt: Naturkatastrophen, menschliches Unglück, Krankheit und Tod, Folter, Mord und Krieg. Die Die Frage drängt sich in fast allen Religionen auf, avanciert aber erst durch die Konfrontation von christlicher Frömmigkeit mit griechischer Philosophie zum bedeutsamen Problem. Den Begriff hat Leibniz 1710 in die Philosophie eingeführt ("Essais de Théodicée").
 
Transformation, (lat. Umbildung, Verwandlung) Transformation bedeutet bezogen auf die Philosophiegeschichte: Die alten Probleme werden mit neuen Methoden angegangen (philosophia perennis).
 
Transzendenz, (lat. transcendere = hinübersteigen) Gegensatz: Immanenz, Überschreiten der wahrnehmbaren Bereiche auf ein Jenseits hin.
 
Wissenschaftstheorie, als eigenständige Disziplin erst im 20. Jahrhundert entstanden, Vorläufer im 18. und 19. Jahrhundert waren Wissenschaftslehre und Wissenschaftslogik. Wissenschaftstheorie ist die philosophische Disziplin, die sich mit den Zielen, Struktur, Voraussetzungen und Auswirkungen der Wissenschaften und mit der Analyse wissenschaftlicher Begriffe, Hypothesen, Theorien und Methoden beschäftigt. Hauptvertreter im 20. Jahrhundert: Popper, Stegmüller.